Schüleraustausch Spanien, 10. Klassen
Im Rahmen eines von uns initiierten Austauschprogramms besuchte im Schuljahr 2017/2018 zum ersten Mal eine Spanischgruppe der 10. Klassen des EMG das renommierte Colegio La Salle Bonanova in Barcelona. Die vielfältigen, intensiven Eindrücke der Schüler/innen vom spanischen Schul- und Alltagsleben sind auf den folgenden Zeilen wiedergegeben. Wir sind voller Zuversicht, dass nach dem Abflauen der Corona-Pandemie im kommenden Schuljahr wieder ein gegenseitiger Besuch möglich sein wird. Das Interesse der Schüler/innen an der anderen Kultur ist auf beiden Seiten jedenfalls nach wie vor riesig.
Roland Bauernfeind
Schüleraustausch mit dem Colegio La Salle Bonanova in Barcelona
Ende Januar brachen wir vom heimatlichen Bayern (mit Schnee am S-Bahnhof und bei Minustemperaturen) auf zu unserem ersten Schüleraustausch mit dem Colegio La Salle Bonanova in Barcelona. Als wir am hypermodernen Flughafen "El Prat" in Barcelona ankamen, war das Thermometer auf über 20 Grad gestiegen. Abgeholt wurden wir von der jung-dynamischen, sympathischen Koordinatorin des Austausches, Noemí Iriarte. Das Colegio La Salle Bonanova erinnerte in seiner altehrwürdigen Architektur ein bisschen an Harry Potters Hogwarts-Schule. Wir wuchteten das schwere, schmiedeeiserne Eingangstor auf und es ertönte ein Jubelschrei aus vielen Kehlen: unsere Austauschpartner/innen hatten unsere Gruppe erkannt. Wir fühlten uns wie von alten Freunden begrüßt.
Erster Schultag: Kennenlernrunde im Versammlungsraum. Noemí Iriarte machte uns bei verschiedenen Gruppenspielen schnell miteinander vertraut. Dann konnten wir auch schon mit unseren Gastgebern nach Hause gehen und die Familien kennenlernen. Einige Tage dauerte es allerdings, bis wir uns an die etwas merkwürdigen Essenszeiten gewöhnt hatten: Abendessen im Normalfall nach neun Uhr abends, gerne auch erst um zehn oder halb elf. Das kam uns dann doch anfangs etwas spanisch vor.
Wir besuchten so ziemlich alles von Gaudí. Zum Beispiel den Park Güell, den er ursprünglich für den gleichnamigen Industriellen als Gartenstadt mit 60 Villen geplant hatte. Das Gesamtprojekt scheiterte, der Park als Touristenattraktion mit einem berauschenden Blick hinunter auf Stadt und Mittelmeer blieb.
Ein Highlight unserer Woche war der Besuch von Gaudís Kirche Sagrada Familia, die Basilika der Heiligen Familie. Es ist einfach faszinierend zu sehen, wie Antoni Gaudí in diesem Bauwerk sein Motto verwirklichte, "meine Lehrmeisterin ist die Natur". So zum Beispiel erinnern die Säulen im Inneren den Besucher mit ihren Verzweigungen nach oben an Bäume. Wir waren alle absolut beeindruckt, vor allem von der Bauzeit: bis jetzt 136 Jahre! Fertiggestellt soll die Basilika schließlich im Jahr 2026 werden, zum hundertsten Todesjahr des Architekten Gaudí. Wenn es ein einzelnes Gebäude gibt, das Barcelona in seiner Gesamtheit symbolisiert, dann ist es wohl die Sagrada Familia.
Für viele ist er der spanische Künstler des 20. Jahrhunderts: Pablo Picasso. Auch ein Besuch seines Museums stand auf dem Programm. Faszinierend zu sehen, wie er mit zwölf Jahren bereits Bleistiftzeichnungen anfertigte, die man kaum von modernen Schwarzweißfotografien unterscheiden kann. Allein schon die fünf gotischen Paläste, in denen das Museum untergebracht ist, waren einen Besuch wert. Sie stimmten uns auf den nächsten Programmpunkt ein: "Paseo guiado por Barcelona" - ein geführter Spaziergang durch das geheimnisvolle gotische Viertel. Eine der schaurigsten Stationen wohl war die Fassade der Iglesia de Sant Felip Neri: an ihr waren noch die Spuren der Schüsse von Hinrichtungen im Spanischen Bürgerkrieg von 1936 - 1939 zu sehen. Da bekam manch einer von uns eine Gänsehaut, nicht nur wegen des kühlen Schattens.
An unserem letzten Tag hatten wir uns ursprünglich schon auf eine Zugfahrt nach Sitges gefreut, eine Stadt in der Nähe, von der es heißt, sie sei "Ibiza in Miniatur". Bis dahin hatten wir das Klischee "Spanien ist jeden Tag Sonne pur" bereits verinnerlicht. Doch als wir am Morgen an der Schule ankamen, regnete es, wie der Spanier so sagt, aus Henkelkrügen ("estaba lloviendo a cántaros"). Unsere spanischen Austauschpartner machten ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter: sie hätten eigentlich nach Sitges mitfahren dürfen, doch zu unserem Alternativprogramm bei schlechtem Wetter durften sie nicht mitfahren. Und so kam es, dass wir wieder einmal ein Bauwerk von - na, von welchem Architekten wohl? - klar, von Antoni Gaudí besuchten.
Seine Casa Milà (Haus Milà) hatte den Einwohnern Barcelonas anfangs nicht sehr gefallen; sie nannten das Gebäude "la pedrera", der Steinbruch, da es mit seiner unregelmäßigen Fassade und den vielen Vorsprüngen eher einen wuchtigen Eindruck machte. Erst nach einigen Jahrzehnten wurde der Wert des Hauses erkannt - es wurde zu einem der ersten Gebäude des 20. Jahrhunderts, die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden.
Nach Schulschluss waren wir meist alle zusammen mit unseren spanischen Gastgebern unterwegs. Sie zeigten uns nicht nur die typischen Touristenattraktionen, sondern zum Beispiel auch das Beste, aber wohl auch versteckteste "Churros-Restaurant" der Stadt, auf das wir alleine nie gestoßen wären. Churros sind längliche, in Fett ausgebackene Krapfen mit sternförmigem Querschnitt, die mit heißer Schokolade serviert werden. Lecker!
Was essen die Spanier sonst noch? Die bekanntesten Gerichte sind zum Beispiel die "wilden" Kartoffeln, patatas bravas: frittierte Kartoffeln mit einer scharfen Tomatensauce. Oder die leckere Paella, das berühmte Reisgericht der Nation, Calamares (Tintenfischringe) oder Tortilla (ein Omelett aus Eiern mit Kartoffeln und Zwiebeln). Diese Gerichte werden vor allem als Tapas, das heißt als Appetithäppchen für zwischendurch, angeboten.
Alles in allem bleibt zu sagen, dass wir in Barcelona nicht nur richtig viel Gaudí präsentiert bekamen, sondern auch ganz schön viel Gaudi hatten. Wir hoffen, dass zukünftige Jahrgänge dies auch erleben dürfen!
Lisa Beláková, Sofia Colandrea, Lara Gehrlicher, Roland Bauernfeind